Kartografie der Wolken_07

Ein Bild geht auf Reisen

Die Bilder von Koki van Trotten reisen gern. Ein Bild besonders. Kartografie der Wolken_07. Immer wieder schmuggelt es sich ins Reisegepäck. Und damit es nicht vergisst, was es schon alles gesehen hat, beschloss dieses Bild zu Pfingsten 2017 fortan Selfies zu machen. Die Gedanken zu den Selfies hat Erik Bend notiert.                              zum Archiv

Heilig Abend

 

Soziale Netzwerke können es nicht kaschieren. Wer allein ist, bekommt es an diesem Abend zu spüren. Freunde sind nicht erreichbar. Wer hat, verkriecht sich in Familie. Die Straßen sind menschenleer. Selbst die Lichter der Weihnacht verzichten auf Glanz. Gespräche mit Ihm werden versucht. Hat Er dafür diesen Abend erschaffen? 

 

Vierter Advent

 

Wo bekomme ich jetzt noch ein Geschenk her? Diese Frage bewegte heute viele Menschen. Und sie hatten wohl keine Idee. Also gingen sie dorthin, wo sie immer hingehen. In die Shopping-Mails. In der Hoffnung, etwas zu finden, was sie als ihre Idee ausgeben können. Der Himmel fands zum Weinen. Kartografie der Wolken_07 flüchtete vor dem Sprühregen. Beobachtete die Hektik in den Augen der Suchenden und nahm Platz in einer Glitzerwelt, die in der Hektik drum rum keines Blickes mehr gewürdigt wurde.

 

Kunst auf dem Weihnachtsmarkt

 

Kartografie der Wolken_07 hielt auch auf dem zweiten Weihnachtsmarkt seines jungen Lebens Ausschau, aber es konnte keine Bilder entdecken. Es gab fast alles, aber keine Kunst. Kann Kunst kein Weihnachtsgeschenk sein, fragte sich 07. Also stellte es sich unter den 25 Meter hohen Weihnachtsbaum des Marktes und wartete was kommt. Es dauerte nicht lang und die Leute blieben stehen, betrachteten 07 und zwei erkundigten sich an den Ständen, ob das Bild käuflich sei. Manchmal kommen die Menschen nicht auf die schönsten Ideen.

 

George Michael

 

"Letztes Jahr zu Weihnachten habe ich dir mein Herz geschenkt, aber du hast es schon am nächsten Tag weggegeben. Dieses Jahr werde ich mir die Tränen ersparen und es an jemand ganz besonderen verschenken."

(aus: "Last Christmas")

 

Nichts ist wie es scheint

 

Wenn in der Dämmerung die Lichter auf dem Weihnachtsmarkt erstrahlen werden die Menschen anfällig für Illusionen. Kleinigkeiten entwickeln Anziehungskraft. Die Menschen bummeln durch die Kälte, bleiben stehen und lächeln mit großen Augen. Kartografie der Wolken_07 sah dem Treiben zu und wunderte sich, dass viele kleine Lämpchen die Wahrnehmung so verändern können. 

 

Der Tränenberg

 

Das Schwitzgässle führt erst steil bergauf. Seitlich an einem Weinabhang vorbei, windet es sich schließlich durch den angrenzenden Wald. Benutzt dabei verteilte 217 Stufen. Oben thront  die Festung Hohenasperg auf einem Plateau. Seit mehr als 300 Jahren ein deutsches Gefängnis. Friedrich Schiller besuchte auf dem „Tränenberg“, wie der Hohenasperg im Volksmund genannt wird, den Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart, der ohne Verurteilung zehn Jahre dort eingekerkert wurde. Kartografie der Wolken_07 spürte den rauen Wind, der noch heute um die Festungsmauern weht.

 

Kälteeinbruch

 

Die Kälte kam über Nacht. Man kann sie nicht sehen, aber sie war da und zwickte Kartografie der Wolken_07 in die Seiten. Die Bäume, die sich bis jetzt nicht von ihren Blättern trennen konnten, haben heute gespürt, dass es höchste Zeit ist loszulassen. Jetzt dauert es nur noch ein paar Tage und alles ist kahl.

 

Absegeln

 

Das Aussichtsfernrohr findet im Dunst der Entfernung keinen Halt mehr fürs Auge. Die Hoffnung der letzten Segler auf klare Sicht ist getrübt. Jetzt werden auch sie ein Einsehen haben und ihren Booten den Winterschlaf gönnen. Kartografie der Wolken_07 kann die letzten Segler sehr gut verstehen. Auch 07 hofft immer noch auf ein paar schöne Tage. Wenn die Natur sich endgültig für ihr nasskaltes Outfit entschieden hat, beginnt für 07 unweigerlich die Stubenhängezeit. Und die kann 07 überhaupt nicht leiden.

 

November mal ganz anders

 

Wenn die Natur sich dem Novemberblues hingibt und der Himmel vor lauter Traurigkeit das Wasser nicht halten kann, wird es der Sonne mitunter zu viel. Dann räumt sie auf und schafft Raum für das Blau. Kartografie der Wolken_07 wird dann ganz hibbelig und kann es kaum erwarten wieder loszuwandern. Einen ganzen Tag lang konnte die Sonne sich noch einmal durchsetzen. Im November. Und 07 war einfach nicht zu halten.

 

Spätherbst

 

Kartografie der Wolken_07 stand im Wald und konnte den Himmel schon wiedersehen. Im Mai hatte der Laubwald dicht gemacht. Jetzt sind die Bäume fast wieder kahl. Der Spätherbst besteht darauf. Ihr seid aber groß geworden, dachte 07, als es nach oben schaute. Nächstes Jahr werde ich eine Schonung besuchen. Da passen wir zusammen sowieso nicht mehr auf ein Foto.

 

Blues von der letzten Gelegenheit

 

"Eines Tages, auf meinem Fenster

saß ein Vogel wunderbar.

Und die Mutter, die sagte:

"Geh und fang dir den Vogel!"

Aber ich fing ihn nicht."

(aus: Veronika Fischer, Komposition: Franz Bartzsch 1947 - 2010)

 

Altweibersommer

 

Die Zugvögel sind längst abgereist. Zum Kaffee gibt es die ersten Pfefferkuchen. Da macht die Sonne sich noch einmal stark. Lässt morgens die Tautropfen glänzen in den Gespinsten der Baldachinspinnen und verleiht den Herbstfarben Kraft. Gelb steht mir einfach, dachte Kartografie der Wolken_07 und war glücklich in diesem Moment.

 

Herbsttag

 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,

wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben

und wird in den Alleen hin und her

unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

(Rainer Maria Rilke)

 

Melancholie der Natur

 

Der Herbstnebel lauert im Hintergrund, freut sich auf die kühle Nacht, wenn er sich wieder ausbreiten kann. Frühreife Kastanien und Eicheln haben längst den Absprung gewagt, zur Freude der Kinder. Kartografie der Wolken_07 nutzte einen trockenen Tag, wollte sich nicht entgehen lassen zu sehen, zu welchen Farben der Herbst in diesem Jahr gegriffen hat.

 

Sommerhausen

 

Neben dem Eingang zum Torturmtheater befindet sich ein Plätzchen, wo man seine Enttäuschung verdauen kann, wenn wieder einmal ausverkauft ist. Es ist eines der kleinsten Theater in Deutschland und von den Kleinen wohl das Bekannteste. „Raum ist in der kleinsten Hütte“, diesen Halbsatz des Schiller-Zitates muss der Italiener Luigi Malipiero im Kopf gehabt haben, als er 1950 im Würzburger Tor der Marktgemeinde Sommerhausen dieses Theater eröffnete. Seit 70 Jahren ist für Spontanbesucher selten noch ein Plätzchen frei. Nicht mal für Kartografie der Wolken_07 ging noch was. Es gibt eben nur 50 Sitzplätze.

 

Als Kunst noch ein Handwerk war

 

Seit 1580 ziert die astronomische Kunstuhr das Rathaus in Heilbronn. Meister Isaak Habrecht, der die Uhr erschuf, hatte seine Werkstatt in Straßburg. Er hätte nie solch eine Uhr gebaut - ohne Auftrag. Ebenso sein Nachbar, der Maler Tobias Stimmer. Auch von ihm sind nur Auftragsarbeiten bekannt. Den Künstlern in der Renaissance ging es um volle Auftragsbücher. Sie verhielten sich immer noch wie Handwerker. Kein Maler der damaligen Zeit wäre auf die Idee gekommen, etwas aus Liebe zu malen – ohne Auftrag. „Schön, dass sich das verändert hat“, dachte Kartografie der Wolken_07, „sonst gäbe es mich vielleicht gar nicht. So gesehen bin ich ein Wunschkind.“

 

"Der Blick macht das Bild."

 

Beim Besuch einer Burg erinnerte sich Kartografie der Wolken_07 an einen Satz von Koki van Trotten: „Der Blick macht das Bild.“ 07 wollte gerade die Aussicht auf den Neckar genießen, da entdeckte es neben sich eine Zeichnung. Ganz deutlich sah es auf einmal den Kopf eines Herren aus vergangenen Zeiten. Sehen Sie ihn auch?

 

Bad Wimpfen

 

Mark Twain hat Wimpfen, damals noch ohne Bad, vor 140 Jahren besucht und notierte sich nach einem Bummel durch den Ort: „Er war sehr malerisch und verfallen, schmutzig und interessant.“ Jetzt ist Bad Wimpfen sauber und herausgeputzt und machte am dritten Juliwochenende auf Französisch. Unter dem Titel "Montmartre Flair" präsentierten Maler aus allen Himmelsrichtungen ihre Arbeiten in den Gassen der kleinen Stadt. Kartografie der Wolken_07 wollte plötzlich auch gesehen werden. Stellte sich vor das Gasthaus Adler und zog so manche Blicke auf sich.

 

Buoch

 

Was macht Orte aus, die Künstler anziehen? Schon vor der Haustür steht man in der Natur. Bei klarem Wetter lässt sich Weitsicht nicht vermeiden. Viele Wege sind naturbelassen. Kaum vorhanden – die Ablenkungen des Alltagslebens. Der Konzentration aufs eigene Sein kann man nicht ausweichen. Buoch wurde vor 800 Jahren erstmalig verschenkt und schenkte selbst Geborgenheit Künstlern vieler Generationen – bis heute. Kartografie der Wolken_07 fühlte sich zu Hause.

 

Im Kletterwald

 

Wie Pilze schossen in den letzten Jahren Kletterparks aus dem Waldboden. 177 gibt es inzwischen in Deutschland. Man spricht von einer Trendsportart für die ganze Familie. Kartografie der Wolken_07 wollte testen, ob es schwindelfrei ist. In luftiger Höhe hing es dann ganz schön in den Seilen – aber schlecht wurde ihm nicht.

 

Mein Main

 

Der Main ist nicht gerade ein breiter Strom, aber er schlängelt sich sehr anmutig über weit mehr als 500 Kilometer durchs Land. In Schleifen, im Dreieck, selbst im Viereck hat er sich seinen Weg gebahnt. Die letzten gut 200 Kilometer sind schiffbar, bevor er sich in den Rhein ergießt. An seinen Ufern haben die Menschen schon immer gern gesiedelt. So tummeln sich zahlreiche hübsche kleine Orte am Main und selbst die großen Städte gaben sich Mühe, sehenswert zu sein. Kartografie der Wolken_07 wollte eigentlich nur ein Stückchen am Ufer entlangwandern. Dann kam der nächste Bogen und die Neugier war einfach zu groß. Der Main verführte 07.

 

Was soll es bedeuten?

 

Mitten im Grünen entdeckte Kartografie der Wolken_07 diesen gemauerten Gang, für den Gegenverkehr schon beim Ermauern nicht vorgesehen war. Niemand in Sicht, ob Schild, ob Mensch, der zur Erhellung beitragen konnte. 07 grübelte. Aber ihm fiel nichts ein, wozu das Bauwerk von Nutzen sein könnte. Es ist schön, dachte 07. Vielleicht wollte jemand einfach etwas Schönes in die Landschaft mauern. Weil er Maurer und kein Maler war. 

 

Spritztour

 

Seit 1926 jagte dieser Spritzwagen der Kopenhagener Feuerwehr durch die Hauptstadt Dänemarks. Die Glocke musste für freie Fahrt sorgen. Das Martinshorn wurde erst 1932 erfunden. Kartografie der Wolken_07 war ganz stolz, als es auf dem Glockenschlägerplatz mitfahren durfte.

 

Adele

 

"Man sagt, dass die Zeit alle Wunden heilen soll. Aber bei mir hat das nicht richtig funktioniert."

(aus: Hello)

 

Am stillen Freitag 

 

Der Sommer wollte nicht länger warten. In der prallen Sonne kletterte das Thermometer im Göppingen auf 34 ° Celsius. Kartografie der Wolken_07 kam ins Schwitzen und war dankbar für jedes schattige Plätzchen, das es fand.

 

Wie‘s aussieht – wird der Sommer sonnig

 

Kartografie der Wolken_07 kann sich für Bauernregeln begeistern. Ohne Panikmache der heutigen Meteorologie, verkündeten Bauernregeln in aller Ruhe ihre Langzeitprognosen. Zum Beispiel: Wie das Wetter zu Frühlingsanfang, ist es den ganzen Sommer lang. 07 suchte sich zum Frühlingsanfang ein schattiges Plätzchen unter einer chinesischen Tulpen Magnolie. Die schon ihre volle Blütenpracht zeigte. Im März und nicht erst im April, wie üblich. So intensiv strahlte die Sonne.

 

Ostern kommt dieses Jahr viel zu spät

 

Der Frühling hat sich längst nach vorn gedrängelt. Selbst Zäune und Mauern werden von ihm einfach überrannt. Kartografie der Wolken_07 aalte sich zum ersten Mal wieder in der Sonne.

 

Passenger

 

"Du brauchst das Licht nur, wenn es schwach leuchtet. Vermisst die Sonne nur, wenn es anfängt zu schneien."

(aus: LET HER GO)

 

Linkin Park

 

"Manchmal gibt es keine einfache Lösung. Manchmal ist Abschied der einzige Weg." 

(aus: Shadow of the Day)

 

In der blauen Stunde

 

Kartografie der Wolken_07 musste verschnaufen, obwohl die Nacht bereits ein paar Schritte entfernt zum Sprung ansetzte. Plötzlich bemerkte 07 den tiefblauen Himmel, dessen Helligkeit ihn an künstliches Licht erinnerte. Mit allen Sinnen nahm 07 dieses Blau wahr und erinnerte sich an ein Gedicht von Ingeborg Bachmann:

 

Der alte Mann sagte: mein Engel, wie du willst,

wenn du nur den offenen Abend stillst

und an meinem Arm eine Weile gehst,

den Wahlspruch verlorener Linden verstehst, 

die Lampen, gedunsen, betreten in Blau.

Letzte Gesichter! Nur deins glänzt genau.

Tot die Bücher, entspannt die Pole der Welt,

was die dunkle Flut noch zusammenhält,

die Spange in Deinem Haar scheidet aus.

Ohne Aufenthalt Windzug in meinem Haus.

Mondpfiff - dann auf freier Strecke der Sprung,

die Liebe geschleift von Erinnerung.

(aus „Die blaue Stunde"  von Ingeborg Bachmann / 1926-1973)

 

Der Zauber steckt immer im Detail…

 

Moderne Apotheken sind selten schön. Und schöne Apotheken sind selten modern. Die Ausnahme von der Beobachtungsregel heißt „Gaupp’sche Apotheke“. Kartografie der Wolken_07 entdeckte sie in Schorndorf.

 

Frühlingsanfang

 

24. Februar – Matthias-Tag. Im Mittelalter galt er als Frühlingsbeginn. 2019 könnte er seinen Ruf wieder festigen. Die Wetterregel für diesen Tag  lautet: „Matthias brichts Eis. Hat er keins, so macht er eins!“ Sollte die Regel auch heutzutage noch stimmen, müssten wir mit einem Kälteeinbruch rechnen. Für die Krokusse wäre es kein Problem. Ihre Blütenblätter haben vorsorglich wie jedes Jahr auch Frostschutzmittel  produziert. Da der Boden nicht mehr gefroren war und die Sonne schon seit Tagen schien, strampelten sich die Krokusblüten ans Licht. Kartografie der Wolken_07 freute sich über die Frühlingsvorboten und horchte am Stamm der alten Weide, ob sich in ihm auch schon wieder die Säfte regten.

 

Der Weingeist fleht den Himmel an

 

Der erste Schnee hatte sich drei Tage halten können. In der Stadt war er schnell zusammengefegt und auf dem Land wurde er von den Pflanzen gespült. Durch kalten Regen. Aber die Fröste in der Nacht ließen sich nicht vertreiben. So kam es, dass der Weingeist gerade damit beschäftigt war, den Himmel anzuflehen, als Kartografie der Wolken_07 ihn entdeckte. Er bat um Schnee. Als Schutz für die Rebstöcke vor den Nachtfrösten.  

 

Rückschauende Aussicht

 

Das Thermometer „kletterte“ auf -2° C.  Es war kalt, als Kartografie der Wolken_07 die Burgruine erreichte. Und 07 musste daran denken, dass Burgen nicht beheizbar waren. Selbst als die Burg noch ein Dach über dem Kopf zubieten hatte, war es in ihren Räumen eisig kalt. Tag und Nacht. Nur der Koch war zu beneiden. Hatte viele Freunde. Besonders im Winter. „Die Menschen müssen anders gewesen sein. Damals.“

 

Hundertwasser's Fenster-Tick

 

Den ersten Hundertwasser-Bau, den Kartografie der Wolken_07 für sich entdeckte, war der Bahnhof in Uelzen. Seitdem erkennt 07 ein Hundertwasser-Haus schon von weitem. Die knalligen, satten Farben schaffen den Wiedererkennungswert für die Bauten des Malers Friedensreich Hundertwasser. Die Formen der Häuser und insbesondere die größtmögliche Unterschiedlichkeit der einzelnen Fenster hat er sich bei  Antonio Gaudi abgeguckt, der bereits vor 130 Jahren so baute. In Barcelona.

 

Warten auf den ersten Schnee

 

In den Alpen türmt sich längst der Schnee zu Bergen. Kartografie der Wolken_07 hielt es nicht mehr in der warmen Stube. Es wollte raus und selbst sehen, wo er bleibt – der Schnee im flachen Land. Jedoch die Wolken hielten sich bedeckt und wollten keine Auskunft geben. Also träumte sich 07 die Landschaft weiß und ließ seine Kopfstimme ein paar Zeilen von Eduard Mörike aufsagen:

 

 „Einem Krystall gleicht meine Seele nun,

Den noch kein falscher Strahl des Lichts getroffen;

Zu fluthen scheint mein Geist, er scheint zu ruhn.

Dem Eindruck naher Wunderkräfte offen,

Die aus dem klaren Gürtel blauer Luft

Zuletzt ein Zauberwort vor meine Sinne ruft.“

(aus: „An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang“)

 

Tatort-Besichtigung

 

Der Wetterbericht hatte für den 7. August 1962 Regen angekündigt. Fürs ganze Land. Noch vor Sonnenaufgang, kurz vor 4 Uhr, verließen die Kunsträuber die kleine Wallfahrtskirche „Maria im Weingarten“ in der Mainschleife. Fast die ganze Nacht brauchten sie, um die berühmte Madonna „Maria im Rosenkranz“ von Tilman Riemenschneider abzumontieren. Seit dem Bauernkrieg, die Madonna war kurz vorher vollendet worden, pilgerten Gläubige zu ihr. Jetzt war sie weg. Die Polizei ratlos. Um das Kunstwerk zu retten, bot Henri Nannen, der Herausgeber des Magazins „Stern“ den Dieben 100.000 DM und sicherte ihnen Verschwiegenheit zu. Die Diebe meldeten sich tatsächlich. Vier Monate später erfolgte die Übergabe nachts auf einem Feld. Und Nannen hielt sich an sein Ehrenwort, auch vor Gericht. Die Madonna musste aufwendig restauriert werden und hängt seit August 1963 wieder an ihrem angestammten Platz. 1967 wurden die Diebe doch noch verhaftet. Ein Ex-Häftling gab der Polizei den Tipp.

Kartografie der Wolken_07 hielt vorsichtig Abstand, weil die Madonna seit damals mit einer aufwendigen Alarmanlage gesichert ist.

 

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© Robert Mühlheim