Sonntag, der 29. Mai 2016

                          Morgens

Braunsbach erwacht wie jeden Tag. In aller Beschaulichkeit wird der kleine Ort im Kochertal mit seinen 924 Einwohnern munter. Hier leben Frühaufsteher, die von ihren Tagen etwas haben wollen. Auch am Sonntag. Man atmete tief durch und wer auch immer seine Nase in den Wind hielt - es lag nichts in der Luft. 

                          Mittags

Der Kocher schlängelte sich in seinen bescheidenen Ausmaßen in aller Ruhe an Braunsbach vorbei. Im Laufe der Jahre ist es ihm zwar gelungen, zumeist im Winter, mehrmals über die Ufer zu treten, seine Hochwasser-Zustände ließen sich aber verkraften. An der immer noch unvorhersehbaren Sturzflut wird er nicht beteiligt sein.

                        Nachmittags

Durch Braunsbach rinnen zwei Bäche. Der Orlacher Bach, nicht einmal fünf Kilometer lang, ist der größere von beiden. Er entspringt auf einer Hochebene 193 Meter über dem Ort. Der Schlossbach kommt noch gemächlicher daher und komplettiert die Idylle. Die ersten Spaziergänger schauen instinktiv in den Himmel. Langsam ziehen Wolken auf.

                          Abends

Gegen 18 Uhr beginnt es zu regnen. Das Wasser fällt förmlich vom Himmel. Über 180 Liter pro Quadratmeter. Die dreifache durchschnittliche Regenmenge eines Monats stürzt innerhalb einer Stunde auf die Erde. Solche Wassermengen aufzufangen ist eine totale Überforderung für die Hügellandschaft. Die besonders schöne Tal-Lage des Ortes wird Braunsbach zum Verhängnis. Das Unheil nimmt seinen Lauf.  

                        Nachts

Kurz nach 20 Uhr werden die Bäche zu reißenden Strömen. Kaum ein Haus bleibt in der Ortsmitte unbeschädigt. Am nächsten Morgen türmen sich Schlamm, Steine, Holzstämme und Autos ineinander verkeilt. Existenzen sind vernichtet. Der Schaden im Ort wird später mit 104 Millionen Euro angegeben

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© Robert Mühlheim