Interview en miniature 

Julianna Herzberg eröffnete im Dezember 2013 das kleinste Theater Stuttgarts - La Lune. Die Mutter Courage des Stuttgarter Ostens ist inzwischen eine Instanz im Kulturleben der Stadt. (Foto: Max Messner)

 

"Muße und Wohlleben sind unerlässliche Voraussetzungen aller Kultur." (Max Frisch) Wenn man Ihre Interviews in der Stuttgarter Presse nachliest, muss Max Frisch sich geirrt haben. Was sind für Sie die unerlässlichen Voraussetzungen?

 

                 Er hat sich sicher nicht geirrt, nur ist es nicht mein Lebensweg...der heißt wohl eher: Träume verwirklichen durch Arbeit und Fleiß, viel Idealismus und Glaube an das Gute im Menschen, es gibt andere Werte, die nicht mit Geld gemessen werden können.

 

"Auch die Bretter, die mancher vor dem Kopf trägt, können die Welt bedeuten." (Werner Fink) Was war der schwierigste Moment in der Geschichte Ihres kleinen Theaters?

 

                   Sommer etwa vor zwei Jahren, der Mittagstisch, das Gekoche, der Einkauf,  die Bedienerei, das Hängengelassen werden von Mithelfern haben mich ausgebrannt. Ich kam zu nichts mehr, was für mich Kunst bedeutete und ich war bereit, das ganze Projekt zu verschenken... zum Glück gab es dann eine glückliche Wendung im Leben von Theater La Lune...

 

"Es ist keine Kunst, etwas kurz zu sagen, wenn man etwas zu sagen hat." (Georg Christoph Lichtenberg) Wie viel Redundanz braucht aus Ihrer Sicht Theater?

 

                 Theater ist komprimiertes Leben...  es ist eine Kunst, die Quintessenzen herauszuarbeiten und nur das Nötigste auf die Bühne zu bringen, um das Größtmögliche zu vermitteln. Ich bin auch im Management mittlerweile sehr wortkarg - lieber Aktionen statt Worte, geredet wird immer und viel... mich bremst das. Auf der Bühne sind mir die Szenen ohne Worte oft die Liebsten.

 

"Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse." (Antoine de Saint Exupéry) Wer produziert im Theater mehr Missverständnisse - Sprache oder Inszenierung?

 

                 Ein guter Theatertext hat schon ausgesiebt und ist z.B. bei Shakespeare die Spitze des Eisbergs, daher glaube ich, dass es die Inszenierung ist: das ungenaue Lesen, eigene Projektionen und Effekthascherei lassen den oft schlecht gesprochenen Text verebben und transportieren oft null Inhalt. Dahingegen, wenn beides, Sprache und Inszenierung im Einklang sind, kann Wunderbares entstehen - sozusagen das magische Moment im Theater.

 

"Beifall lässt sich, wie Gegenliebe nur wünschen, nicht erzwingen." (Johann Wolfgang von Goethe) Ihr Spielplan hat seit fünf Jahren Beifall ermöglicht. Planen Sie intuitiv oder berechnend?

 

                Mit Herz und Liebe, intuitiv, aber auch kategorisch. Ich versuche Mainstream zu vermeiden und Nischentheater zu ermöglichen.

 

 

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© Robert Mühlheim