Wer weiß schon, wen diese Website noch erreichen wird? Zurzeit gibt es 1,72 Milliarden weltweit. Und während Sie das lesen, sind schon wieder hunderte dazu gekommen. Man spricht förmlich in den Wind, wenn man Gedanken dem Netz anvertraut. Aber der Zufall oder das Glück hat ein wenig nachgeholfen, hat Sie auf diese Website geführt. Damit Sie die Malerin Koki van Trotten ein bisschen näher kennenlernen haben wir sie gebeten, uns einige Fragen zu beantworten. Und so entstanden Koki van Trottens Antworten für den Wind.

o. T., 2019, Acryl & Gouache auf Karton, 9,7 x 14,7 cm

Was ist das Gegenteil vom Gegenteil?

Wenn mir jemand eine Antwort auf die Frage: Was ist das Licht vom Licht? geben kann, dann beantworte ich die Frage:  Was ist das Gegenteil vom Gegenteil? Bis dahin gibt es lediglich Annäherungen an die Frage: Gegenteil ist etwas, das sich immer auf etwas anderes bezieht. Sage ich: Ich will das Gegenteil! werde ich sofort gefragt: Gegenteil wovon? Will ich also das Gegenteil von Licht, bekomme ich Dunkelheit. Von Dunkelheit ist das Gegenteil wiederum Licht. Wahrscheinlich ist das so, als würde man einen Spiegel in den Spiegel halten. Jedes Spiegelbild erzeugt ein neues Spiegelbild, und doch gibt es nur zwei Spiegel. Nur Gegenteil und Gegenteil vom Gegenteil. Nur Licht und Dunkelheit in diesem Fall. 

Beabsichtigen Sie, dass Ihre Bilder als schön empfunden werden?

Nein, wenn das geschieht, freue ich mich, aber es ist nicht meine Absicht, wenngleich Schönheit meine Intention ist.

 

Gibt es in der Natur eine natürliche Ordnung?

Natürlich.

 

Sind Sie Rechtshänder oder malen Sie mit links?

Welche Hand gerade frei ist.

 

Lassen Sie sich ablenken?

Gern. Es ist ja auch so vieles interessant. Aber es gibt auch Momente, in denen ich so versunken bin, dass nichts von der Außen- oder Innenwelt zu mir dringt.

 

stars we thought about, 2018, Acryl & Lack auf Leinwand, 73 x 65 cm

Welches Licht bevorzugen Sie beim Malen?

Schattiges Licht. Ich bat mal einen Fotografen meine Bilder zu fotografieren. Ich hatte damals einen fensterlosen Raum in meinem Atelier, in dem ich meine Bilder lagerte. Er kam also und ich sagte, dass wir die Bilder erst nach draußen ins Licht tragen müssen. Er antwortete: Deine Bilder brauchen kein Licht.

Leben Sie wie Sie leben möchten?

Genau so. (Das heisst nicht, dass es immer so war.)

 

Welches Zitat haben Sie immer parat?

"Es gibt keinen Weg zum Glück. Glücklichsein ist der Weg." Buddha

 

Ist Ihnen in Ihrem Leben ein Genie begegnet?

Wenn ja, dann habe ich es nicht erkannt. Verkanntes Genie sozusagen.

 

Wieviel Platz brauchen Sie?

Ganz viel Platz und gleichzeitig ganz wenig. Das liegt sehr nah beieinander.

Können Sie sich Witze merken?

Nein. Ich habe nur drei Witze auf Lager, seit Jahren.

Was hat Sie als Kind fasziniert?

Draußen sein und den Himmel über dem Kopf zu haben.

Können Ihre Bilder irritieren?

Ich hoffe doch!

Hören Sie Musik beim Malen?

Ob ich Musik höre oder der Stille lausche, hängt davon ab an welchen Bildern ich arbeite und mit welcher Technik. In der Musik gibt es dann nur zwei Richtungen: Klaviermusik, ich liebe Bach. Oder ich bin ganz omnivor, d.h. ein musikalischer Allesfresser. Das geht dann von wenigen aktuellen Songs über Queen, Richard Ashcroft zu den Beastie Boys, Joni Mitchell, arabische Musik, Techno … Immer dieselbe Musik ermüdet mich.

Sie sind in Berlin geboren. Wieso zieht es Sie ans Meer?

Wegen des Wassers und des Windes. Wegen der Wolken und des Lichts. Wegen der salzigen Luft und des weiten Blicks.

 

Kennen Sie Fernweh?

Ja. Früher war das ein Motor für meine Reisen. Ich wollte immer einen Ort finden, der noch unberührt von Menschen ist. (Na ja, ist eng geworden.)

 

Zerstört man den Meeresspiegel, wenn man in See sticht?

Ja, auf jeden Fall. Aber das ist nicht schlimm, denn das ergibt neue Spiegelreflektionen, die sehr schön aussehen.

Unterseite der Materie_06, 2014, Acryl auf Leinwand, 50 x 70 cm

Sie haben sich mit der Unterseite der Materie beschäftigt. Anders gefragt: Wo ist beim Baum hinten?

Beim Baum gibt es kein hinten. Nur ein oben und unten. Ein darüber und darunter. Deswegen heißt es ja auch Unterseite der Materie und nicht Hinterseite der Materie.

Die Zeiten ändern sich. Eine Feststellung, der selten widersprochen wird.

Verändert sich die Zeit?

Nein, das glaube ich nicht. Aber ich frage mich, ob der ganze Zeitvorrat irgendwann einmal aufgebraucht ist? 

Haben Sie eine Lieblingsblume?

Rosen und Ranunkeln.

Besitzen Sie etwas, das Sie nicht gebrauchen?

Meine Tagebücher.

Welches Buch haben Sie zweimal gelesen?

Keins.

driving on country roads, 2018, Acryl auf Leinwand, 90 x 52 cm

Sprache beeinflusst das Denken. Beeinflusst Sprache auch die Malerei?

Irgendwann habe ich begriffen, dass unsere Sprache sehr begrenzt ist. Die Russen z.B. haben viel mehr Adjektive, Objekte zu beschreiben. Aber dann gibt es auch Dinge, für die es überhaupt keine Worte gibt. Für die müssten erst Worte erfunden werden. Wenn ich denke, kann ich das also nur mit den Worten tun, die mir zur Verfügung stehen. Da stoße ich schnell an Grenzen. Sprache begrenzt das Denken. Es gibt aber eine Form des Denkens, in der ich keine Worte gebrauche. Die ist wie eine Komprimierung, und ich plappere mir dann nur nach, was ich vorher auf der Ebene ohne Worte längst verstanden hatte. Aus dieser Ebene male ich. Insofern beeinflusst Sprache in Form von Worten meine Malerei nicht. Sie wird erst wieder interessant, wenn ich anderen meine Bilder nahe bringen will. Aber … wenn ich es sagen könnte, bräuchte ich nicht malen.

 

 

 

 

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© Robert Mühlheim